Was ist ein hydraulischer Abgleich?
Ein hydraulischer Abgleich einer Heizungsanlage sorgt dafür, dass jedem Heizkörper die richtige Menge an Heizmedium zur richtigen Zeit am richtigen Ort in der richtigen Temperatur zur Verfügung gestellt wird. Dadurch wird vermieden, dass einzelne Heizkörper eine zu hohe oder zu niedrige Temperatur erhalten, was die Aufheizung der Heizkörper bzw. die Aufheizzeit der Räumlichkeiten egalisiert.
Wann und warum?
Sie benötigen einen hydraulischen Abgleich, wenn Sie Fördergelder beantragen möchten oder wenn Sie eine neue Heizungsanlage einbauen. Je nach Zweck kann das vereinfachte Verfahren A genutzt werden. Das Verfahren B oder besser kann immer angewandt werden.
Ein hydraulischer Abgleich kann nur angewandt werden, wenn Kompaktheizkörper bzw. Flach-/Plattenheizkörper vorhanden sind. Im Fall von Flächenheizungen kann kein herkömmlicher hydraulischer Abgleich durchgeführt werden, da Flächenheizungen bereits in Bezug auf die Hydraulik geplant und verlegt werden.
Ein hydraulischer Abgleich sorgt für eine Reduzierung der Vorlauftemperatur und somit zu einer Minderung der Bereitschaftsverluste der Heizungsanlage, was letztendlich die Verbrauchskosten senkt.
Welche Verfahren gibt es?
Statischer Abgleich
Die herkömmlichen und meist standardmäßig verbauten Ventileinsätze bzw. Armaturen sind druckabhängige Armaturen. Sie werden haben eine Öffnung für den Zufluss des Heizmediums und lassen fixe Menge durch. Das Thermostatventil bzw. der Thermostatkopf regelt zusätzlich in Abhängigkeit der Temperatur den Durchfluss, jedoch nur im vor eingestellten Rahmen des Ventileinsatzes. Daher stammt auch der Name Voreinstellung.
Der statische hydraulische Abgleich muss berechnet werden und wird in Verfahren A und Verfahren B aufgeteilt. Sinnbildlich für weitere Vertiefungen der Berechnung können das Verfahren B+ und C ergänzt werden. Näheres dazu unten mehr.
Dynamischer Abgleich
Anders als beim statischen Abgleich regelt der verbaute Ventileinsatz bzw. die Armatur die notwendige Menge des Heizmediums selbsttätig. Durch die Selbstregelung handelt es sich um einen druckunabhängigen hydraulischen Abgleich. Vorteil solcher Armaturen im System ist die Funktionstüchtigkeit im Teillastfall. Da die Armaturen sich den notwendigen Bedarfen selbsttätig anpassen, können diese im Vergleich zum statischen hydraulischen Abgleich die Effizienz weiter verbessern und zusätzlich sparen.
Der Nachteil dieses Verfahrens liegt dabei klar auf der Hand – in der Regel sind diese Ventile nicht eingebaut und es sind zunächst hohen Kostenbemühungen notwendig, um die Ventile auszutauschen. Ebenfalls sind die Ventile selber im Vergleich zu statischen Ventilen erheblich teurer. Dazu ist die Höhe der zusätzlichen Einsparung im Vergleich zu statischen bzw. druckabhängigen Ventilen ungewiss und von Gebäude zu Gebäude unterschiedlich. Insbesondere im Neubau sind dynamische Armaturen jedoch eine sinnvolle Investition.
Welche statischen Verfahren gibt es?
Verfahren A
Ein hydraulischer Abgleich nach Verfahren A ist der einfachste und schnellste Weg zur Einstellung der Heizkörper als System. Die Heizflächendurchflüsse werden nach einem Schätzverfahren der Heizlast berechnet.
Das Verfahren A kann bei Austausch von Wärmeerzeugern sowie bei Optimierung der Heizungsanlage jeweils als Einzelmaßnahme angewandt werden.
Verfahren B
Im Vergleich zum Verfahren A, werden beim Verfahren B die Heizflächendurchflüsse nicht geschätzt, sondern exakt in Bezug auf die vorhandene Umhüllungsfläche der einzelnen Räume berechnet.
Die Raumweise Heizlastberechnung wird in Anlehnung an die DIN 12831 inkl. aller relevanter Beiblätter durchgeführt.
Es werden, wie auch beim Verfahren A, die Voreinstellwerte der Ventileinsätze im Heizkörper berechnet. Dabei ist das Verfahren B deutlich genauer. Darüber hinaus wird auch noch die Pumpenförderhöhe, der Gesamtdurchfluss des Heizsystems, die Einstellwerte von Strangarmaturen und die Vorlauftemperatur berechnet.
Das Verfahren B ist immer dann anwendbar, wenn auch das Verfahren A angewandt werden kann. Sollten Sie bei der KfW eine Förderung für nachträgliche Dämmmaßnahmen beantragen wollen, ist das Verfahren B Pflicht.
Verfahren B+
Das Verfahren B+ ist eine logische Weiterentwicklung des Verfahren B. Dabei werden die gleichen Schritte wie beim Verfahren B unternommen, jedoch noch zusätzlich eine Systemoptimierung durchgeführt.
Verfahren C
Wie das Verfahren B+, ist auch das Verfahren C eine Weiterentwicklung der vorstehenden Verfahren. Im Unterschied zu den vorher genannten Verfahren, wird bei dem Verfahren C die Raumweise Heizlastberechnung strikt nach DIN EN 12831 durchgeführt. Eine Rohrnetzberechnung nach VDI 2073 ist das Alleinstellungsmerkmal dieses Verfahrens. Üblicherweise ist für die Berechnung des Verfahren C ein CAD-Programm und Modellierung des Gebäudes in 3D notwendig.
Das Verfahren C kann als einziges Verfahren in jedem Gebäude zur Anwendung gebracht werden.
Welche Probleme können auftreten?
Gerade bei älteren Heizungsanlagen, welche über eine lange Zeit mit großen Heizkörperflächen im Betrieb sind, kann es nach dem hydraulischen Abgleich zu verstopften Ventilen kommen. Durch Einregulierung der Durchflussmenge am Ventileinsatz ist es nicht unüblich, dass nur noch eine Stecknadelkopf große Öffnung vorhanden ist. Gelangen nun Ablagerungen oder Schmutz in die Öffnung, kann es zu Verstopfungen kommen. Die Folge ist ein funktionsloser Heizkörper. Derartige Probleme können leider trotz größter Sorgfalt nicht gänzlich vermieden werden und treten immer mal wieder auf.
Das Gebäudeenergiegesetz 2024
Mit 01.01.2024 wurde das Gebäudeenergiegesetz novelliert. In § 60c Hydraulischer Abgleich und weitere Maßnahmen zur Heizungsoptimierung wird geregelt, wie ein hydraulischer Abgleich im Sinne des Gebäudeenergiegesetzes ausführen ist und wann dieser angewendet werden muss.
Im dritten Quartal 2022 trat die EnSimiMaV (Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen) als Folge des Ukrainekonflikts mit Russland zur Reduzierung des Gasverbrauchs in Kraft. Damit mussten unter anderem Gebäudeeigentümer von Wohngebäuden ab 10 Wohneinheiten bzw. im Jahr 2023 Wohngebäude ab 6 Wohneinheiten ihre Heizungsanlage hydraulisch abgleichen lassen. Betroffen von der Verordnung waren jedoch lediglich Gaszentralheizungen. Ein Novum war es, dass der hydraulische Abgleich nach Verfahren B in Verbindung mit der DIN EN 12831 und dem VdZ-Formular von 2022 durchgeführt werden musste. Das Verfahren A, also das einfache und kostengünstige Verfahren, fand in der Verordnung keine Berücksichtigung.
Hydraulischer Abgleich für (fast) alle!
Die EnSimiMaV wird in § 60c des GEG fortgeführt und erweitert. Nunmehr betrifft die Pflicht zum hydraulischen Abgleich nicht nur Gaszentralheizungen, sondern alle wassergeführten Heizungsanlagen. Eine Heizungsanlage gilt als wassergeführte Heizungsanlage, sobald die Wärme vom Heizungskessel über Wasserrohre an die Verbraucher bzw. die Kompaktheizkörper oder Fußbodenheizung transportiert wird. Das heißt, dass jedes Gebäude mit einer Ölheizung, Gasheizung, Biomasseheizung (Pellets), Fernwärme und auch Wärmepumpen sich einem hydraulischen Abgleich unterziehen lassen müssen. Die Pflicht für Wärmepumpen wird im § 60a GEG geregelt, weshalb der § 60c GEG nicht explizit für Wärmepumpen gilt.
Die Ausnahmen
Der hydraulische Abgleich muss bei kleineren Gebäuden nicht ausgeführt werden. Einfamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser mit bis zu 5 Wohneinheiten sind von der Pflicht zum hydraulischen Abgleich im Sinne des § 60 c GEG ausgenommen.
Und wenn Gebäudeeigentümer sich verwehren?
Mieter haben laut § 60c Abs. 4 GEG das Recht auf Vorlage der Dokumentation: “Die Bestätigung nach Satz 1 [Anm. d. R.: Ausführung hydraulischer Abgleich] ist auf Verlangen dem Mieter unverzüglich vorzulegen.”
Wenn sich nun Gebäudeeigentümer der Durchführung verweigern, handeln diese laut § 108 Abs. 1 Nummer 7 GEG ordnungswidrig und machen sich strafbar. Das heißt im Klartext, ein hydraulischer Abgleich ist den Mietern unverzüglich vorzuzeigen, andernfalls begeht der Gebäudeeigentümer eine Ordnungswidrigkeit.